BIHK-Konjunkturumfrage: Bayerische Wirtschaft lässt Corona-Tief hinter sich

München – Nach monatelangen Einschränkungen ist die Stimmung in der bayerischen Wirtschaft gestiegen und liegt derzeit sogar über dem Vor-Corona-Niveau. Ein ungebremstes Durchstarten nach der Krise bleibt aber aus, weil Engpässe in den Lieferketten sowie starke Preissteigerungen für Energie und Rohstoffe gerade der Industrie große Sorgen bereiten. Das ist das Ergebnis der aktuellen Herbst-Konjunkturumfrage des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) unter 3.700 Unternehmen im Freistaat. Der BIHK-Konjunkturindex kletterte von 114 Punkten im Frühjahr auf 128 Punkte und bewegt sich damit aktuell über seinem langjährigen Durchschnitt. Das ist der höchste Wert seit Jahresbeginn 2019.

Gößl: Stimmung der Unternehmen steigt zwar, aber Engpässe bremsen den Aufschwung

„Die gute Nachricht ist: Die Wirtschaft in Bayern ist in ihrer Gesamtheit besser durch die zurückliegende Corona-Zeit gekommen als zu Beginn der Pandemie gedacht“, erklärt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Aktuell bewerten fast 50 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, elf Prozent als schlecht. „Handel, Tourismus und Dienstleister erleben mit Auslaufen der staatlich angeordneten Beschränkungen ein Comeback und können angesichts der wirtschaftlichen Erholung aufatmen, dementsprechend fallen die Geschäftserwartungen recht optimistisch aus. Die Unternehmerinnen und Unternehmer vertrauen auf die Zusage der Politik, dass es keinen weiteren Corona-Lockdown mehr geben wird“, so Gößl weiter.

Anders sieht es in der Industrie aus. „War im Frühjahr das verarbeitende Gewerbe zusammen mit der Bauindustrie noch der Konjunkturmotor, dämpfen jetzt große Schwierigkeiten in der Beschaffung die Stimmung in der Industrie. Die Schlaglöcher auf dem Erholungspfad wirken sich auch auf die gesamte bayerische Wirtschaft aus und diese Risiken sind besorgniserregend“, erklärt Gößl. Materialengpässe beeinträchtigen aktuell 59 Prozent aller Unternehmen, in der Industrie sogar 85 Prozent. Unter stark steigenden Preisen für Rohstoffe und Waren leiden 68 Prozent, unter den Industrieunternehmen 92 Prozent. 56 Prozent der bayerischen Unternehmen haben offene Stellen, die sie nicht besetzen können. Die Risikobewertungen für die kommenden Monate fallen deutlich aus: Der Fachkräftemangel stellt für 63 Prozent ein Geschäftsrisiko dar. Mit 55 Prozent folgen die Energie- und Rohstoffpreise als zweitgrößtes Risiko.

Trotz der aktuellen Engpässe und der anhaltenden Sorgen um die weitere Entwicklung der Gesamtwirtschaft, bleiben mittelfristig die Aussichten positiv: „Die Unternehmen rechnen mit einer robusten Nachfrage. Um diese bedienen zu können und den Umbau zur nachhaltigen Wirtschaft voranzutreiben, wollen sie Personal einstellen und investieren“, sagt der BIHK-Hauptgeschäftsführer. 29 Prozent der bayerischen Unternehmen wollen ihre Inlandsinvestitionen ausweiten, 22 Prozent wollen reduzieren oder gar nicht investieren. Die Investitionsbereitschaft nimmt damit im Vergleich zu den zurückliegenden Erhebungen zu.

Lutz: Marktwirtschaftliche Anreize statt ideologischer Fesseln

„Die bayerischen Unternehmerinnen und Unternehmer wollen den Wandel und die Zukunft der Wirtschaft aktiv mitgestalten. Die vorliegenden Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage sind der Beweis dafür“, betont BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz. „Damit der Umbau zu einer nachhaltigen und international wettbewerbsfähigen Wirtschaft gelingt, kommt es vor allem auf private Investitionen an. Denn die staatlichen Investitionen stehen für weniger als 15 Prozent aller Investitionen in Deutschland. Die Politik darf die hohe Investitionsbereitschaft der Unternehmen und den Gestaltungswillen gerade in Fragen von Nachhaltigkeit und Umweltschutz nicht mit ideologischen Fesseln torpedieren, sondern muss vielmehr marktwirtschaftliche und steuerliche Anreize schaffen sowie Technologieoffenheit fördern.“ Umso wichtiger sei es, dass sich die Bundestagsparteien zügig auf eine stabile und handlungsfähige Regierung einigen. „Angesichts der Vielzahl von Unsicherheiten und Sorgen in der Wirtschaft braucht es schnell verlässliche Rahmenbedingungen. Deutschland braucht jetzt einen Investitions-Ruck in der Wirtschaft, um nachhaltiger, digitaler, widerstands- und wettbewerbsfähiger zu werden“, appelliert Lutz.

Konkret fordert der BIHK von der Politik, die hohen Steuern und Abgaben auf den Strompreis substanziell zu senken, die Verwaltung verbindlich zu digitalisieren sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen. „Wenn wir klimaneutral werden wollen, müssen wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorankommen. Aktuelle Gutachten gehen von mehr Strombedarf und folglich mehr Stromleitungen aus als von der Bundesregierung bisher angenommen. Deshalb müssen alle Planungen und Genehmigungen für den Ausbau nicht nur etwas, sondern drastisch beschleunigt und vereinfacht werden“, fordert Lutz. Nur mit mutigen Reformen könne Deutschland die Klimaschutzziele erreichen und zugleich Produktionsstätten und Arbeitsplätze hierzulande halten.

Dreimal im Jahr führt der BIHK seine Erhebung zur aktuellen Stimmung in der bayerischen Wirtschaft durch. Mit fast viertausend Teilnehmern ist es die größte Konjunkturumfrage im Freistaat.

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