Bayerns Wirtschaft spürt Effekte des Kriegs in der Ukraine massiv

München – Ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind die Schockwellen quer durch die bayerische Wirtschaft massiv zu spüren. „Die aufkeimende Erholung nach der Corona-Krise wurde durch den Krieg jäh gestoppt. Vor allem die Sicherheit der Energieversorgung, die eklatant gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise und die dadurch ausgelöste Inflationswelle beschäftigen direkt oder indirekt praktisch alle bayerischen Unternehmen“, sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK).

BIHK-Chef Gößl: „Fundamentale Unsicherheit und Eiszeit im Russlandgeschäft“

„Für eine Entwarnung bei den Energiepreisen ist es trotz der aktuellen Entspannung und den anlaufenden Ersatzlieferungen für russisches Erdgas noch zu früh“, warnt Gößl. „Insbesondere energieintensive Branchen sind auf international wettbewerbsfähige Energiepreise angewiesen. Davon sind wir nach wie vor weit entfernt. Die Gegenmaßnahmen aus Berlin und Brüssel reichen einfach nicht. Deswegen müssen wir uns auf einen dauerhaften Kostennachteil und die folgende Verlagerung von energieintensiven Wertschöpfungsanteilen ins Ausland einstellen“, so Gößl weiter.

Der BIHK-Chef betont, dass die Effekte des EU-Sanktionsregimes gegen Russland allseits spürbar sind. „Es herrscht Eiszeit im Russlandgeschäft, das einst so aussichtsreich war“, sagt Gößl. Bereits ab 2014 hatte die EU wegen der Krim-Annexion Sanktionen gegen Russland verhängt, diese wurden nach dem russischen Angriff mit großen Opferzahlen und Zerstörungen in der Ukraine deutlich erweitert. Somit haben viele bayerische Unternehmen Abstand von ihren Russland-Geschäften genommen. Altverträge laufen aber zum Teil noch aus und werden erfüllt, beispielsweise bei der Lieferung von Medizinprodukten. Gößl betont, dass die Situation für die in Russland noch aktiven Betriebe alles andere als einfach ist: „Wer kontrolliert aussteigen will, wird mit endlosen Genehmigungsverfahren schikaniert oder auch preislich massiv unter Druck gesetzt, bis hin zur Androhung von staatlichen Enteignungen.“

Als Folge sind die bayerischen Exporte nach Russland im Jahr 2022 um die Hälfte gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum auf 1,5 Milliarden Euro eingebrochen. Russland steht damit lediglich für 0,7 Prozent aller bayerischen Ausfuhren. Weitere massive Einbrüche sind absehbar. Dies gilt auch für die Importe aus Russland. Diese sind trotz sinkender Liefermengen durch die Energiepreissteigerungen derzeit noch stark aufgebläht (2022: 6,7 Milliarden Euro, plus 6 Prozent). Der russische Gas-Lieferstopp seit Anfang September 2022 und der Öl-Preisdeckel der EU werden hier einen Schlussstrich setzen.

Auch in den direkten Wirtschaftsbeziehungen Bayerns zur Ukraine schlägt sich der Krieg nieder. Die ukrainische Wirtschaft ist 2022 um fast ein Drittel eingebrochen. Dementsprechend gingen 2022 die bayerischen Ausfuhren in die Ukraine um rund 21 Prozent auf 560 Millionen Euro zurück. Bei den bayerischen Importen aus der Ukraine führten die Preisanstiege für Agrarprodukte zu einem Plus von 15 Prozent, auf knapp über eine halbe Milliarde Euro. In der Ukraine aktive bayerische Unternehmen, beispielsweise in der Automobilzulieferbranche, mussten ihre Produktionsstandorte auf die Kriegswirtschaft einstellen, diese teilweise verlagern sowie Schutzmaßnahmen für ihre Mitarbeiter vor Ort vornehmen.

„Geflüchtete aus der Ukraine, bei den Erwachsenen sind das zu 80 Prozent Frauen, haben am bayerischen Arbeitsmarkt bislang noch nicht im erhofften Ausmaß Fuß gefasst“, sagt BIHK-Chef Gößl. Trotz überdurchschnittlich hohem Bildungsniveau und uneingeschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt befinden sich erst rund ein Drittel der 150.000 in Bayern registrierten Flüchtlinge im Erwerbsalter aus der Ukraine in der Arbeitsvermittlung. In München hatten bis Ende 2022 weniger als zehn Prozent der beim Jobcenter der Landeshauptstadt gemeldeten Flüchtlinge eine Arbeit aufgenommen. Gößl verweist auf verzögerte Arbeitsmarkteffekte durch das vorgeschaltete Absolvieren von Sprachkursen. „Angesichts des gravierenden Arbeitskräftemangels im Freistaat gehen wir für die kommenden Monate von einer steigenden Erwerbsbeteiligung der Geflüchteten aus“, so der BIHK-Chef.

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