Sasse: „Zunehmende Verzweiflung bei betroffenen Unternehmen“
„Der Lockdown verlangt der Wirtschaft, den Betrieben, Selbstständigen und Arbeitnehmern alles ab. In den besonders betroffenen Branchen herrscht Verzweiflung bis zur blanken Existenzangst. Deswegen betonen wir erneut: Jeder Lockdown und jede Verlängerung muss Hand in Hand mit schnellen Hilfen und einem Öffnungsplan gehen“, sagt Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK). Der BIHK schätzt, dass jede Woche harter Lockdown die bayerische Wirtschaftsleistung um mehr als eine Milliarde Euro schmälert. Von den Schließungen direkt und indirekt besonders betroffen sind das Gastgewerbe, der stationäre Einzelhandel außerhalb des Lebensmittelbereichs, der Tourismus, die Veranstaltungs- und Messewirtschaft, das Taxigewerbe und viele Dienstleister.
Für bayerische Betriebe in den Grenzregionen zu Tschechien und Österreich und deren Mitarbeiter stellen die eingeführten Testpflichten für Pendler eine zusätzliche zeitliche, logistische und auch finanzielle Belastung in einer ohnehin schwierigen Zeit dar. „Diese Maßnahmen, ob vom Bund oder vom Freistaat erlassen, müssen verhältnismäßig, nachvollziehbar und praktikabel sein“, sagt Sasse. Unklar sei, wieso Bayern seit Beginn dieser Woche zusätzliche Testpflichten für Pendler eingeführt hat, die über die Bundes-Coronavirus-Einreise-Verordnung vom 14. Januar 2021 hinausgehen. Damit seien jetzt beispielsweise Pendler von der bayerischen Testpflicht betroffen, deren Heimatregionen ein niedrigeres Infektionsgeschehen als Teile des Freistaats aufweisen.
BIHK-Präsident Sasse bekräftigt den Appell von Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (Freie Wähler), dass der Verkauf von nicht-erlaubten Sortimenten in großflächigen Mischbetrieben des Einzelhandels nur im erlaubten engen Rahmen stattfindet. „Ehrbare Kaufleute halten sich an die Regeln. Andernfalls ist es Aufgabe der kommunalen Ordnungsämter, faires Wettbewerbsverhalten durchzusetzen“, so Sasse.
Der BIHK-Präsident begrüßt dagegen ausdrücklich die vom Bund beschlossenen Verbesserungen bei den Überbrückungshilfen. Nun müsse sich die Bundesregierung dringend um die technischen Voraussetzungen bei den Bewilligungs-Plattformen des Bundes kümmern und für Corona-Anpassungen im EU-Beihilferecht kämpfen. Ansonsten würden mit zunehmender Länge des Lockdown viele Betriebe die bislang subventionsrechtlich maximal zulässigen EU-Fördergrenzen überschreiten. „Corona-Überbrückungshilfen sind aber keine Fördergelder sondern Ersatzzahlungen für Umsatzausfälle sowie nicht gedeckte Fixkosten aufgrund der staatlich angeordneten Schließungen“, so der BIHK-Präsident. „Geradezu lebenswichtig für viele Unternehmen ist die erfolgte, weitere Aussetzung der Insolvenzantragsfrist bis 30. April im Falle einer Antragsberechtigung auf Wirtschaftshilfen, auch wenn diese Erleichterung die schmerzliche Lage in vielen Betrieben überaus deutlich macht“, so Sasse.
Der BIHK-Präsident begrüßt ebenfalls die Ausweitung der Sofortabschreibung digitaler Güter und setzt sich für die Beibehaltung dieser Regel nach Corona ein. Sasse wiederholt die seit Anbeginn der Corona-Krise vor fast einem Jahr mehrfach gestellte Forderung des BIHK nach einer Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags. „Es ist völlig unverständlich, dass sich das Bundesfinanzministerium nicht zu einer Rückwirkung auf mindestens zwei Jahre sowie einer Verdopplung des möglichen Rücktrags von Verlusten auf 10 Millionen Euro durchringen kann. Wenn sich der Staat in guten Zeiten über Steuereinnahmen an den Gewinnen beteiligt, sollte er sich in einer Jahrhundertkrise auch großzügiger als bisher an den Verlusten beteiligen. Der ausgeweitete Verlustrücktrag könnte schnell und unbürokratisch über die Finanzämter vollzogen werden“, so Sasse.
Zu den in Bayern von der IHK für München und Oberbayern als Bewilligungsstelle bearbeiteten Anträgen auf Überbrückungshilfen nennt Sasse den folgenden Zwischenstand: Insgesamt sind in den Hilfsprogrammen Überbrückungshilfe 1 und 2 sowie in der Novemberhilfe 1,1 Milliarden Euro an über 113.000 Antragsteller im Freistaat ausgezahlt worden.