Parlamentarischer Abend: Bürokratiearme Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU und Implikationen für Transitionspläne am 18.02.2025
Mit der neuen EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) wird die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen substanziell erweitert. Für die Anfertigung des geforderten Berichts ist eine Fülle von Informationen aus der Wertschöpfungskette erforderlich. Als Folge erhalten nicht-kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine Vielzahl nicht-standardisierter Anfragen, die zu einem hohen bürokratischen Aufwand führen. Durch diesen sog. Trickle-down-Effekt werden KMU indirekt zur Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet, obwohl sie formal nicht von der Berichtspflicht betroffen sind.
- Wie gehen KMU mit den Herausforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung um?
- Welche Unterstützung bietet der im finalen Entwurf bei der Europäischen Kommission liegende Voluntary SME Standard (VSME)?
- Welche für KMU relevante Aspekte können in das Omnibus-Verfahren zur CSRD, CSDDD und Taxonomie-Verordnung aufgenommen werden?
Diese und weitere Fragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU wurden am 18. Februar 2025 mit hochrangigen Akteuren aus Politik und Wirtschaft intensiv diskutiert. Dabei wurde vor allem Eines klar: Reines Reporting führt nicht zur Klimaneutralität. Unternehmen sollten ihre Ressourcen sinnvoller in die Umsetzung von Transitionsmaßnahmen investieren.
Die EU-Bürokratie gefährdet die europäische Wettbewerbsfähigkeit
Nach einer Begrüßung von Dr. Armin Hartmuth, Leiter der Vertretung des Freistaats Bayern bei der EU, übernahm Tobias Gotthardt, Staatssekretär im Bayerischen Wirtschaftsministerium die Einführung. In seiner Videobotschaft unterstrich er die zentrale Bedeutung eines umfassenden Bürokratieabbaus für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Nicht nur die Nachhaltigkeitsberichterstattung zeigt, dass Aufwand und Wirkung der von der EU erlassenen Regelungen in keinem Verhältnis mehr zueinander stehen.
Durch den anschließenden Einblick in die Praxis verdeutlichte Eva Campos von BAUCH Engineering, einem Automobilzulieferer mit 200 Mitarbeitenden, Chancen und Grenzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung in ihrem Unternehmen. Die überbordende Regulierung sowie die durch den Trickle-down-Effekt eingehenden Informationsanforderungen stellen das Unternehmen vor große Herausforderungen. Freiwilligkeit und Unterstützung sind für Eva Campos der zielführende Weg. Der finale Entwurf des VSME sei weiterhin zu umfangreich und bedarf einer deutlichen Vereinfachung, da viele Datenanforderungen nur einen geringen Mehrwert bieten. Als Fazit steht fest, dass Investitionen in Nachhaltigkeit mit wirtschaftlicher Rentabilität einhergehen müssen. Zudem sollten die personellen Ressourcen für Innovationen eingesetzt werden, anstatt diese mit umfangreichen Dokumentationspflichten zu binden.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung benötigt einen Richtungswechsel
In der folgenden Podiumsdiskussion, moderiert durch Sandra Parthie vom Institut der deutschen Wirtschaft, verglich Markus Ferber, Abgeordneter des europäischen Parlaments (EVP), die europäischen Nachhaltigkeitsziele mit einer Bergbesteigung. Europa entschied sich für einen schweren Weg und solle schnellstmöglich auf eine leichtere Route abbiegen. Didier Millerot, Referatsleiter Sustainable Finance bei der DG FISMA, griff die Metapher auf und präsentiert Sustainable Finance als das „unterstützende Seil“ des Bergsteigers. Das geplante Omnibus-Verfahren biete die Möglichkeit die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu vereinfachen und die Datenanforderungen zu reduzieren. Für eine Planungs- und Rechtssicherheit der Unternehmen regte Dr. Ralf Kronberger, Abteilungsleiter für Finanz- und Steuerpolitik bei der Wirtschaftskammer Österreich, die temporäre Aussetzung der Berichtspflichten an. Die EU-Kommission diskutiert zusätzlich die Einführung eines Value Chain Caps, der die Informationen, welche berichtspflichtige Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette abfragen dürfen, reglementiert. Dieser Value Chain Cap sollte dem Basismodul des VSME entsprechen, so Eva Campos, da nur auf diese Weise die Akzeptanz des VSME bei allen Wirtschaftsakteuer sichergestellt werden könne.
Stimmen aus der Praxis stoßen in Brüssel auf großes Interesse
Die gemeinsame Veranstaltung von BIHK, EEN und WKÖ in der Vertretung des Freistaats Bayern bei der EU war mit rund 200 Teilnehmenden aus der Brüsseler Politik und Verwaltung, sowie Verbands- und Unternehmensvertretern überaus gut besucht. Alle Teilnehmenden dürften erkannt haben, dass der Berg Klimaneutralität am einfachsten mit der richtigen Route, mit passender Ausrüstung und leichtem Gepäck zu erklimmen ist.