Lehre 2: Der Welthandel muss resilienter und der Standort Deutschland attraktiver werden

Protektionistische Tendenzen haben den internationalen Handel bereits vor der Pandemie ‎beeinträchtigt und gebremst. Vor allem die Beschränkungen in der ersten Welle haben ‎zudem offengelegt, wie sensibel die weltweiten Lieferbeziehungen sind. Um die Resilienz des ‎internationalen Handels zu erhöhen, muss sich die zukünftige Bundesregierung für eine ‎Wiederbelebung der WTO und ergänzende bilaterale Handelsabkommen sowie eine weitere ‎Vertiefung des EU-Binnenmarktes einsetzen. Darüber hinaus muss sie die ‎Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts Deutschland durch Kostensenkungen ‎verbessern.‎

WTO stärken und bilaterale Freihandelsabkommen vorantreiben - Zur Stärkung des Welthandels muss sich Deutschland für eine Wiederbelebung der WTO ‎einsetzen, denn weltweit harmonisierte Regelungen sorgen für faire ‎Wettbewerbsbedingungen, reduzieren Komplexität und sichern Zugänge zu Rohstoffen, ‎Vorprodukten und Absatzmärkten. ‎
Ergänzend müssen Abkommen wie CETA und den Mercosur-Staaten ratifiziert, das ASEAN-‎Abkommen abgeschlossen sowie die TTIP- und CEI-Gespräche wieder aufgenommen werden. ‎Bei politischen Vorhaben wie dem Lieferkettengesetz oder einem Klimazoll sollte die ‎Bundesregierung möglichst weltweite Lösungen anstreben. Unilaterale Barrieren wie diese ‎können nicht nur zu unerwünschten Ausweichreaktionen (Leakage-Effekte) führen, sondern ‎auch Handelskonflikte auslösen bzw. verschärfen und Entwicklungsländern den Zugang zum ‎europäischen Markt erschweren.‎

EU-Binnenmarkt weiter vertiefen - Um Versorgungsengpässe und massive Einbußen auch in Krisen zu verhindern, müssen der ‎freie Güter-, Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ‎oberste Priorität besitzen. Deutschland darf die Grundprinzipien des EU-Binnenmarkts nicht durch individuelle Regeln aushebeln. ‎Darüber hinaus muss sich die neue Bundesregierung für die Vollendung des Binnenmarktes einsetzen, denn dieser fördert den innereuropäischen Handel und erleichtert ‎den Unternehmen, ihre Lieferketten zu diversifizieren. ‎Die Grenzbeschränkungen während der Pandemie haben die Lieferketten der bayerischen ‎Unternehmen empfindlich gestört. Die Abhängigkeit von einzelnen Transitrouten muss ‎reduziert werden, indem alternative Verkehrswege erschlossen oder zügig ausgebaut ‎werden. Zentrale Infrastrukturprojekte, wie die Zuleitung zum Brenner-Basistunnel, müssen ‎daher beschleunigt, Investitionen für leistungsstarke Verkehrswege verstetigt und erhöht ‎sowie Verkehrs- und Transportmittel intelligent kombiniert werden. Zudem muss sich ‎Deutschland für den Ausbau von europäischen Überseehäfen und deren verkehrlicher ‎Anbindung stark machen.‎

Kostenbelastung am Standort Deutschland senken - Anstatt einzelne Leuchtturmprojekte durch eine aktive Industriepolitik zu fördern, muss die ‎nächste Bundesregierung die im internationalen Vergleich hohen Kosten am ‎Produktionsstandort Deutschland senken und Genehmigungsverfahren beschleunigen. ‎ Energiekosten: Die Bundesregierung sollte die Stromsteuer auf 0,05 Cent/kWh reduzieren ‎die EEG-‎Umlage beim Eigenstromverbrauch streichen, die Ausgleichsregelung erhalten und ‎das ‎Stromnetz ausbauen und mit Nachbarländern verknüpfen. Der nationale CO2-Preis darf ‎keinesfalls erhöht, sondern die Preise müssen innerhalb eines europäischen Systems ‎harmonisiert werden. Zudem muss die Wasserstoffstrategie zügig umgesetzt werden.‎ Steuerbelastung: Die Steuern auf einbehaltende Gewinne müssen auf ein ‎wettbewerbsfähiges Niveau von 25% gesenkt, der Mittelstandsbauch verringert, der ‎Solidaritätszuschlag vollständig abgeschafft werden.‎ Planungs- und Genehmigungsverfahren: Zur Beschleunigung der Verfahren sollte prioritär ‎eine Voll-Digitalisierung aller bau- und planungsrechtlichen Verfahren bundesweit Standard ‎werden. Um die Komplexität zu reduzieren, sollte zudem das Raumordnungs- in das ‎Planfeststellungsverfahren integriert, die Harmonisierung von länderspezifischen ‎Genehmigungsprozessen angestrebt und das Plansicherstellungsgesetz entfristet werden.‎

Zu allen IHK-Vorschlägen in den Themenfeldern "Internationaler Handel" und "Standortbedingungen"

                 

         

Stimmen aus der Wirtschaft

Dr. Heike Wenzel, Geschäftsführende Gesellschafterin der Wenzel Group GmbH & Co. KG, Wiesthal

"Wir brauchen verlässliche Standortbedingungen und -regeln in Deutschland und Europa. Für WENZEL als exportorientierter mittelständischer Maschinenbauer ist der einheitliche und offene EU-Binnenmarkt essentiell. Für die künftige Regierung sollte das endlich auch wieder gelten."

               

              

Wido Fath, Geschäftsführer der FATH GmbH, Spalt

"Corona hat uns die Bedeutung funktionierender Lieferketten und offener Märkte vor Augen geführt. Wir müssen deshalb engagiert gegen Protektionismus vorgehen und die Handelsabkommen voranbringen. Auch in der EU gibt es dringenden Handlungsbedarf: Wir müssen den Binnenmarkt vollenden und Bürokratie abbauen – beispielsweise bei der Entsendung von Mitarbeitern. "

         

       

Statements der bayerischen Spitzenkandidaten

Alexander Dobrindt, MdB (CSU)

"Wir wollen, dass Deutschland Spitze beim Export bleibt. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zum Freihandel, und wir wollen ein neues transatlantisches Freihandelsabkommen starten. Souveränität bedeutet aber auch, dass wir einseitige Abhängigkeiten reduzieren und strategische Branchen in Europa stärken."

(Foto: CSU im Bundestag/Benjamin Zibner)

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Uli Grötsch, MdB (SPD)

"Fairer Handel braucht internationale Standards – mit dem Lieferkettengesetz und globalen Mindeststeuern haben wir wichtige Weichen gestellt. Handelsabkommen wollen wir mit sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards verbinden – das schützt auch unsere Unternehmen vor Dumpingwettbewerb."

(Foto: Susie Knoll)

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Peter Boehringer, MdB (AfD)

"Durch Freihandel profitieren Verbraucher von niedrigeren Preisen durch Hebung relativer Kostenvorteile auf Basis einer weltweiten Arbeitsteilung. Sowohl das Lieferkettengesetz als auch das CO2-Ausgleichsgesetz der EU behindern den globalen Freihandel, wirken protektionistisch und sind abzulehnen."

(Foto: H. Dreblow)

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Daniel Föst, MdB (FDP)

"Wir wollen den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen vorantreiben und die Welthandelsorganisation stärken. Geschäftsmodelle müssen durch einen europäischen digitalen Binnenmarkt europaweit einfacher skalierbar werden. Wir wollen Weltspitze bei der Wettbewerbsfähigkeit werden statt bei Steuern und Abgaben."

(Foto: Johannes Zabel)

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Klaus Ernst, MdB (DIE LINKE)

"Außenhandel muss für alle Beteiligten eine Gewinnsituation sein. Die Unternehmen müssen ihre Lieferketten überprüfen und Alternativen wie Onshoring bedenken, um Risiken zu minimieren. Wettbewerb wird über besseren Produkte und Dienstleistungen und nicht mit Lohn- oder Umweltdumping ausgetragen."

(Foto: Katja Julia Fischer)

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Dr. Anton Hofreiter, MdB (Bündnis 90/Die Grünen)

"Ein Konjunkturmotor ist fairer Wettbewerb, den wir nach innen und außen sichern wollen. Er führt zu niedrigeren Preisen und höherer Qualität. Wir stehen für einen regelbasierten Handel mit Sozial- und Umweltstandards in Europa und weltweit."

(Foto: Paul Bohnert)

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Der BIHK berücksichtigt bei den Initiativen zur Bundestagswahl diejenigen Parteien, die in einschlägigen Meinungsumfragen konstant über 5% liegen und damit eine realistische Chance besitzen, im Deutschen Bundestag vertreten zu sein. Reihenfolge der Parteipositionen erfolgt nach Größe der jeweiligen Fraktionen im aktuellen Deutschen Bundestag.

                                

                                      

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